03.09.2008

Spectrum LM – »Visage«

Auf der großen Uhr auf der anderen Straßenseite verrinnen die Sekunden, die Minuten, die Stunden; 21:13h und 17 Sekunden zeigt sie, als er zwischen Zwielicht und Dunkelheit, irgendwo mitten in seiner Stadt, zwischen rauschendem Verkehr, zwischen fließenden Lichtern und weichen Schatten, zwischen wogenden Menschen, zwischen verschwommenen Umrissen und Stimmen – direkt in ihre Augen sieht. Sie sieht in seine Augen. Zufällig und flüchtig beide, doch dann, auf einmal, rast alles ohne sie weiter. Wie zwei gleichschnelle Kugeln in einem wirbelnden Roulettekreisel, die sich zueinander in perfekter Ruhe befinden, während um sie herum sich alles bewegt, kreist, dreht, stehen sie zwischen abertausenden Bewegungen und Lichtern und Leuten und Geräuschen, allem entkoppelt, eingeschlossen in diesen langen Blick. Sprachlos und regungslos. Als würde jede Bewegung, jedes Blinzeln, jedes Lächeln das Band trennen, halten sie sich fest an ihren Augen, an diesem verwirrenden Blick, gemeinsam ganz allein, ganz lange, ganz ...
Er spürt einen Stoß im Rücken, er taumelt. Menschen drängen an ihm vorbei. Er sieht wieder auf die andere Straßenseite. Nichts. Nichts mehr. Nirgendwo. Nur Umrisse, Lichter, Schatten, Rauschen. Und die große Uhr. 21:13h. Und 21 Sekunden.

von maltiger | 05.09.2008, 21:06 | [Link]

Oh, ja Mann! Besser, als es auf jeglicher Liste stehen könnte.


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