Man muß nicht immer gleich mit dem Flugzeug über einer Ödnis abstürzen und bei der Bruchlandung gegen den weit und breit einzigen Baum krachen, um sich über gelungene Zusammentreffen zu freuen.
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Beim Libanesen. Wir warten am Tresen auf die Falafel und blättern währenddessen im aktuellen stern. Genauer gesagt, in einer Portraitserie mit lauter Chinesen. Ein Schweizer Team war monatelang in China unterwegs, um an allen möglichen Orten alle Arten von Menschen aus allen Schichten vor die Kamera zu locken. Sehr sehenswert.
Um das breite Spektrum noch deutlicher zu machen, sind sie im stern gerne als Gegensatzpaar abgedruckt: links ein unvorstellbar reicher Unternehmer, rechts ein unvorstellbar armer Bauer von irgendwo am Ende der chinesischen Welt. Oder eben rechts eine freizügige Dame, die es sich nackt und auf allen Vieren auf einem Bett ungemütlich macht, und links eine streng uniformierte und dreinblickende Militär- oder Polizeifrau, die in dieser Kombination ein wenig wie eine Kollegin ihrer Nachbarin wirkt, nur halt für jene Klientel, die es gestreng bevorzugt. Drüber stehen die Namen, auch in chinesischer Originalschreibweise, dazu eine kurze Beschreibung, wer denn die Leute seien. Auch bei den Damen.
Wie viele Seiten hat eigentlich ein durchschnittkiches stern-Heft? Doch wohl einige, auch die Portraitgalerie allein war schon recht umfangreich. Aber natürlich beugen wir uns gerade genau über diese Frauenseite, als die Speisen fertig sind. Der Falafelmann steht hinter uns, sieht auf das Heft, dann auf uns und sagt irgendwie vorsichtig: »Bitte.«
Ich weiß nicht, ob die Vokabel »Nuttenkatalog« im Libanesischen existiert; in libanesischen Blicken gibt es etwas, das in diese Richtung geht.
Bäume stehen überall.
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