Das Schöne am Volksmund ist, daß er manche Dinge so treffend auf den Punkt bringt. Das Schwierige ist, daß er das Gegenteil oft ebenso treffend auf den Punkt bringt. Die ganze Welt liegt dir zu Füßen, begreifst du sie mit deinem Wissen. (Volksmund) Aber: Unwissenheit ist ein Segen. (Volksmund) – Wissen ist Macht. (Volksmund) Aber: Was ist dümmer und macht unglücklicher als Gescheitheit? (Hesse)
Das Verwirrende ist: Es stimmt alles. Nur eben nie zur selben Zeit.
Die Lage ist unbefriedigend. Deshalb möchten wir der Sprachgemeinschaft ein neues Sprichwort an die Hand geben, das ihr sichere Orientierung geben soll. Wo sie weiß, was Sache ist: »Unwissenheit bei billigen MP3-Playern ist ein Segen.«
Vielleicht könnten wir ja irgendwie herausbekommen, nach welcher Systematik der Player neue Lieder einordnet, die wir am Rechner in einen der Ordner kopieren. Der Name ist es nicht. Auch nicht das Datum. Ein neuer Song ist beim Abspielen nicht der letzte, nie. Er ist auch nicht da, wo er dem Alphabet nach hingehörte; was insofern keinen verwundert, als es alle anderen ja auch nicht sind. Er ist irgendwo. Man weiß es nicht. Wir wissen es nicht. Und Unwissenheit ist ein Segen.
Diese hier jedenfalls. Der »Alles mögliche«-Ordner ist riesengroß, halbherzig drücken wir uns von Lied zu Lied, um das neue zu finden, aber es ist zwecklos. Wir bleiben irgendwo hängen und hören die völlig willkürliche, doch uns bekannte Abfolge – und plötzlich erklingt das neue Stück. Da ist es. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum es gerade an dieser Stelle ist, aber es ist da. Wir freuen uns, und die Überraschung macht uns lächeln. Unwissenheit ist der Friede im Leben. (aus Indien)
Menschen, die die Sache nicht durchdacht haben, weisen uns nun auf die Shuffle-Funktion hin. Doch das ist nicht das gleiche. Da wird zufällig abgespielt, und immer wieder neu zufällig. Alles ist gleich überraschend und nichts ist besonders. Im unserem Fall ist die Abfolge abstrus und wirr; kein Mensch weiß, warum ein Song an einer bestimmten Stelle steht. Aber da steht er dann. Es ist immer die gleiche abstruse und wirre Abfolge. Wir gewöhnen uns an sie, und nur in ihr wirkt die schöne Überraschung der Neulinge. Und noch bevor sie selbst routiniert dazugehören, ist schon das nächste Stück neu hineinkopiert. Irgendwohin. Unverhofft kommt oft. (Volksmund)